Interview: Luisa Peisert und Marcello Mazza von Alfons & alfreda AG
Location: Düsseldorf, Juni 2023
Im Stadtteil Ehrenfeld, westlich des Kölner Stadtzentrums, entsteht das nachhaltige Quartier THE WID ONE und TWO. Marcello Mazza und Luisa Peisert, Projektentwickler im Team Alfons & alfreda, informieren im Interview über die Pläne des Projekts, das Streben nach Nachhaltigkeit in Zeiten der Energiekrise sowie den kulturellen Wandel, der aktuell in Ehrenfeld stattfindet.
Ehrenfeld ist im Umbruch: Wie werden die verschiedenen Komponenten von Ehrenfeld – von den ausgedehnten Industriegebieten bis hin zur multikulturellen, alternativen und bunten Atmosphäre – erfolgreich in die Projekte THE WID ONE und TWO integriert, ohne den besonderen Charme der Umgebung negativ zu beeinflussen?
Marcello Mazza: „Eine wesentliche Maßnahme ist die geschickte Eingliederung der Projekte mit einem vielfältigen Nutzungskonzept unter Berücksichtigung erhaltenswerter, prägender Bestandsgebäude. Die gegenwärtige Situation präsentiert eine unzugängliche, vollständig versiegelte Industriefläche mit teilweise leerstehenden Hallen, deren Nutzung in dieser zentralen Lage nicht mehr zeitgemäß ist.
Um das Quartier für alle zugänglich und erlebbar zu machen, schaffen wir öffentlich zugängliche Wegeverbindungen, die zugleich an die Entwicklung der Pandion AG im Max-Becker-Areal anknüpfen. Die Gebäude THE WID ONE und TWO werden zudem harmonisch in den vorhandenen Bestand integriert und spiegeln die Architektur des historischen Gaswerk-Umfelds wider. Die Flächen sind vorgesehen für Handwerk, Manufakturen, Sport, Gastronomie und weiteres, wobei die ursprünglichen Nutzungen aufgegriffen und durch zukunftsfähige Konzepte ergänzt werden.
Des Weiteren ist die Erreichbarkeit in Ehrenfeld ein zentraler Aspekt für uns. Im Sinne des Konzepts der „15-Minuten-Stadt“ möchten wir die Vernetzung des Quartiers mit den angrenzenden Stadtteilen weiter verbessern, um die Mobilität zu optimieren und die Verbindung zu stärken.
Unsere Vision ist es, das Quartier zu einem zentralen Anziehungspunkt in Ehrenfeld zu machen, der die Umgebung mit Leben erfüllt. Insbesondere im Hinblick auf demografische Veränderungen und den Zuzug in diese Region gewinnt dies an Bedeutung.
Wir hoffen, dass sich die Bewohner Ehrenfelds genauso mit unseren Projekten identifizieren können wie mit ihrer geliebten Umgebung.“


Zum Wandel in Ehrenfeld gehört auch das Thema Klimawandel: Die Planung der beiden Objekte gibt grüne Fassaden und Außenbereiche her. Welche Nachhaltigkeitsmaßnahmen werden zusätzlich zu der visuellen Ansicht ergriffen?
Luisa Peisert: „Neben dem grünen Erscheinungsbild von THE WID ONE und TWO, setzen wir auf umfangreiche Nachhaltigkeitsziele, die im Einklang mit der Stadtstrategie 2030+ der Stadt Köln stehen.
Wir streben nach diversen Zertifizierungen für nachhaltige Gebäude, darunter DGNB Platin Level, WELL Platin Level und Wired Score Platin Level. Diese Zertifizierungen erfordern besondere Maßnahmen während der Bauphase.
Unsere Ambitionen gehen jedoch über den Bau hinaus. Wir haben hohe Ziele in Bezug auf Energiegewinnung und -rückgewinnung, Energiepositivität, Recyclingkonzepte, Förderung der Biodiversität und Verwendung nachhaltiger und wiederverwendbarer Baustoffe. Besonders in einer Zeit, in der die Müllproduktion ein extrem hohes Maß erreicht hat, ist es wichtig, den Lebenszyklus der Immobilie zu berücksichtigen und über Recycling und Wiederverwendung nachzudenken.
Bei unseren Projekten legen wir nicht nur Wert auf ökologische Aspekte, sondern auch auf die soziale Dimension eines Quartiers. Wir setzen auf eine durchmischte Nutzung, um ein inklusives Umfeld zu schaffen, das den Bedürfnissen verschiedener Gemeinschaften gerecht wird. Uns ist bewusst, dass ein erfolgreiches Quartier nicht nur auf ökologischer, sondern auch auf sozialer Ebene nachhaltig sein muss.
Abgesehen vom umweltbewussten Gedanken liegt der Fokus für einen Projektentwickler auch auf der Wirtschaftlichkeit. Wie schafft es Alfons & alfreda die Rentabilität THE WID ONE und TWO sicherzustellen, ohne die Qualität oder den Umweltaspekt der Objekte zu beeinträchtigen?
Marcello Mazza: „Wir legen großen Wert auf Qualität, Nachhaltigkeit und soziale Integration. Unabhängig von der Rentabilität der Projekte sind wir fest davon überzeugt, dass diese Aspekte von grundlegender Bedeutung sind. Durch die Zusammenarbeit mit erfahrenen Partnern in der Planung und im Bau konnten wir bereits eine sehr gute Qualität in unserem kürzlich fertiggestellten Projekt OVUM in Köln-Braunsfeld sicherstellen.
Wir sind fest davon überzeugt, dass ein Höchstmaß an Nachhaltigkeit langfristig rentabel ist. Ein Projekt wird rentabel, wenn es einen echten Mehrwert für einen größtmöglichen Kreis von Stakeholdern schafft. Unser Ziel ist es, etwas Großartiges für unsere Nachbarn und die Menschen in Ehrenfeld zu schaffen. Wenn wir das Erreichen, wird die Rentabilität der Objekte automatisch folgen.“

Die Immobilienbranche wandert durch konjunkturell unsichere Zeiten. Beeinflussen diese Unsicherheiten den Fortschritt und die Realisierung der Projekte THE WID ONE und TWO?
Luisa Peisert: „Die Nachfrage nach zukunftsfähigen und nachhaltigen Immobilien wird durch wirtschaftlich unsichere Zeiten nicht gehemmt, sondern sogar gestärkt. Gerade in Zeiten von Energiekrisen wird es umso wichtiger, gute und nachhaltige Immobilien zu entwickeln.
Das Büro von morgen, die Art und Weise, wie wir in Zukunft zusammenkommen und Ideen entwickeln möchten – all das verändert sich grundlegend. Viele bestehende Immobilien erfüllen nicht mehr die adäquaten Anforderungen und haben zudem katastrophale Klimawerte. Wir als Entwickler bedienen also ein Feld der Nachfrage, die steigt und weiter steigen wird. Je unsicherer die Zeiten sind, desto mehr müssen wir mit guten Konzepten in erstklassigen Lagen überzeugen, was wir mit unseren beiden Projekten tun.
Wir sind stets auf der Suche nach neuen Wegen, insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeit, und sehen daher ein großes Potenzial in den Energiekonzepten von Bestandsgebäuden sowie Neubauprojekten. Wir möchten innovative Lösungen entwickeln und dazu beitragen, dass nachhaltige Immobilien eine immer größere Rolle spielen.
Die Nachfrage ist da und wird weiter zunehmen, unabhängig von wirtschaftlichen Unsicherheiten. Wir sehen es als unsere Aufgabe, auf diese Nachfrage zu reagieren und mit unseren Projekten die Bedürfnisse und Anforderungen der Menschen zu erfüllen.“